Dass gleich die erste Etappe am Samstag, 29.08.15 zur Hitzeschlacht und zu einem Ausscheidungsrennen wurde, konnte keiner vorhersagen! Bei Sonnenschein und 30°C startete der Transalpine 2015 in Oberstdorf/Allgäu und führte über 34,6km nach Lech am Arlberg/Österreich. Nach 6km erhob sich der erste Berg und da mussten gleich 1440 Höhenmeter bezwungen werden. Mein Teampartner Uwe hatte bereits ab km 4 mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen. Er versuchte zwar alles zu geben, doch der Körper kam an seine Grenzen und an der 2. Kontrollstation erfolgte dann bereits das Aus. Alle Vorbereitungen und Ziele schienen damit hinfällig geworden zu sein. Ich lief die letzten 9km alleine ins Ziel der ersten Etappe und brauchte einen Moment um das alles zu verarbeiten. So wie unserem Team erging es jedoch auch anderen, insgesamt fielen während und nach dieser ersten Etappe 33 Teams aus.
Rechtzeitig zum Start der zweiten Etappe über 24,7km nach St. Anton/A musste ich mir daher ein Team suchen, denn ich war nun als sogenannter Individual Runner unterwegs. Das Regelwerk schreibt aber vor, dass man aus Sicherheitsgründen mit einem Team mitlaufen und diese Information an die Rennleitung weitergeben muss. So schloss ich mich dem Team „Die Fischköppe- MeckPom“ an und traf neben Tom und Nils auch auf Nadja, deren Teampartnerin ebenfalls auf der ersten Etappe hatte aufhören müssen. So lief man gemeinsam los und bis zum zweiten Kontrollpunkt verlief alles nach Plan. Doch dann hatte Tom Probleme mit der Hitze und die Strecke wurde zusätzlich anspruchsvoller. So trennten sich Nadja und ich von Nils und Tom; von da ab bildeten wir ein neues Team und das sollte bis zum Ziel in Sulden/Italien Bestand haben. Nadja Koch kommt aus Scharmede bei Paderborn und hatte zwei Wochen vor dem TAR (Transalpine Run) den 100km Lauf in Leipzig gewonnen.
Zu zweit kämpften wir uns nun einen steilen Anstieg hinauf, der aus lauter Geröll bestand, um oben von einem anderen Teilnehmer zu erfahren, dass wir uns an der Grenze des Zeitlimits befinden sollten. Ungläubig schauten wir uns um und beeilten uns, den dritten und letzten Kontrollpunkt zu erreichen. Alle Aufregung erwies sich als überflüssig, denn am 3. Kontrollpunkt wurde klar, dass wir innerhalb der geforderten Zeitvorgabe waren und so konnten wir die letzten Kilometer zum Ziel in Angriff nehmen; anderenfalls hätten wir nämlich aufhören müssen, wie die Regeln es vorgeben. Nach 5:55,30 Stunden überquerten wir die Ziellinie und warteten auf das Team Nils und Tom. Auch sie schafften diese Etappe mit einer Zeit von 6:35,53 Stunden.
Die dritte Etappe führte Nadja und mich von St. Anton/A über eine Strecke von 39,6km und 2019 Höhenmetern nach Landeck/A, zum ersten Mal „offiziell“ als Team unterwegs. Also nahmen wir – Startzeit 7Uhr – den ersten Berg in Angriff und schnell stellte sich heraus, dass Nadja eine „Bergziege“ ist. Wir waren gut unterwegs und auch die hohen Temperaturen machten uns nichts aus. Bergab auf Singletrails zeigte dann Nadja erstmals Schwächen und kurz nach dem letzten Kontroll- und Verpflegungspunkt hatte sie auch noch einen sogenannten „Hungerast“. So wurden die letzten anspruchsvollen 5 Kilometer für sie zur wahren Anstrengung. Nach 7:16,43 Stunden erreichten wir das Ziel. Als Fazit bleibt festzuhalten: zwei Stürze von Nadja beim Bergablaufen blieben zum Glück ohne größere Folgen für sie, aber ein paar neue Schuhe waren dringend erforderlich geworden!
Die vierte Etappe am Dienstag gilt als die Königsetappe des diesjährigen TAR. Sie führte die Läufer über 45,7 km und 2861Höhenmeter nach Samnaun in die Schweiz. Da es diesmal sehr viel bergauf ging, nahmen wir uns für diesen Tag vor, diese Etappe zu der unsrigen zu machen und legten daher gleich auf den ersten 5 Kilometern ein ordentliches Tempo vor, bevor es in den ersten sehr langen Anstieg ging. Bei uns lief es richtig gut und wir meisterten alle Berge mit Leichtigkeit. Ab dem dritten und letzten Kontrollpunkt lagen noch 8 km bis zum Ziel vor uns. Die Strecke führte immer leicht bergauf und kostete nochmals alle Kraft, bis wir nach 08:04,21 Stunden erschöpft aber zufrieden im Ziel: Ortsanfang Samnaun anlangten.
Die fünfte Etappe am Dienstag dieser Rennwoche war ein Bergsprint in Samnaun über 6,2 km und hatte 731 Höhenmeter bis zum Ziel an der Bergstation Alp Trida Sattel, der auf 2499 m Höhe liegt! Hier wollte ich einen Wettkampf machen und Tempo laufen, weil der Teamzwang hier nicht galt. Doch im Startbereich sagte Nadja, dass es ihr nicht so gut gehe und sie Probleme habe. Ich konnte sie beruhigen, denn der Bergsprint sei ja ein „Ruhetag“ und somit ideal für einen ‚Schwächetag‘. Also beschlossen wir auch den Berglauf gemeinsam als Team zu absolvieren, obwohl normalerweise jeder Läufer eine eigene Startzeit bekommt. Nach 01:13,52 Stunden erreichten wir das Ziel und Nadja hatte somit genug Zeit sich zu regenerieren.
Auf dem Streckenplan der sechsten Etappe nach Scuol/CH standen 37,1 km und 2064 Höhenmeter, dabei ging es zweimal über Gipfel mit mehr als 2700 Metern Höhe. Das Wetter hatte sich am Vortag schon geändert, es hatte den ganzen Tag und die Nacht geregnet, aber pünktlich zum Start war es trocken. Es sollte eine der schönsten Etappen werden, denn wir liefen lange Zeit in einer Höhe von mehr als 2000 Metern. Nadjas Probleme waren Blasen an den Füßen, aber sie ist eine Kämpferin und sagte es sei nicht schlimm. Mit dem Start erfolgte gleich der erste Anstieg und nach zwei bis drei Kilometern waren die Anfangsprobleme weggelaufen und wir machten wieder ein gutes Lauftempo und genossen die Landschaft. Nach 06:46,07 Stunden kamen wir zufrieden mit unserer Leistung in Scuol an. Nun lagen nur noch zwei Etappen vor uns und die wollten wir natürlich rocken!
Die siebte Etappe nach St. Valentin hatte neben dem Erreichen von Italien noch andere Höhepunkte zu bieten. Einmal die Uinaschlucht und auch die Sesvennagruppe auf 2300 m Höhe mit ihren Panoramatrails verliehen den 37,8 km und 1633 Höhenmetern einen besonderen Charakter, zumal auch das Wetter mitspielte und die Sonne sich blicken ließ. Auch hier waren nach ein paar Kilometern alle Probleme wie weggeblasen und wir liefen und genossen die Natur und die fantastischen Ausblicke. Unterwegs wurden wir an der im Berg verlaufenden Grenze von der italienischen Finanzbehörde begrüßt, aber wir hatten ja nichts zu befürchten. Nach 06:07,55 Stunden kamen wir im sonnigen St. Valentin an der Haide/Italien glücklich und zufrieden an. Die Strecke des diesjährigen TAR aber zwang bis einschließlich der siebten Etappe ca. 90 Teams zur Aufgabe, teils wegen Verletzungen, teils wegen eines grassierenden Magen-Darm-Infekts. Das waren schon sehr viele Ausfälle.
Schon stand am Samstag die letzte Etappe an, der Himmel weinte zwar am Start aber wir freuten uns, denn nun waren es nur noch 39,2 km bis zum Ziel in Sulden/Italien. Die vorgesehene Strecke wurde auf Grund des Wetters geändert, da ab 2000 Metern bereits Schnee lag und es die Sicherheit für uns Teilnehmer nicht zuließ, über die Tabaretta-Scharte mit 2903 m und das Bärenjoch mit 2871m Höhe zu laufen. Aber auch die neue Strecke hatte so ihre Tücken, ging es doch erst ca. 20km eben bzw. bergab, dann folgten 20 km mit einem starken Anstieg und einem darauffolgenden ständigen Auf und Ab. Noch einmal hieß es sich zu überwinden und ins Laufen zu kommen, das war heute die Tagesaufgabe vor allem für Nadja, denn ihre Blase am Fuß wurde immer schlimmer, trotz der ärztlichen Versorgung durch die Medical Crew, der sie sich seit der 4. Etappe morgens unterzogen hatte. Nadja hielt das jedoch nicht auf und mit einem Lächeln ging sie die letzte Strecke an. Nach den zu erwartenden Anfangsschwierigkeiten wurde es immer besser und am Berg kam ja unsere Stärke, das Bergauflaufen. Da machten wir Druck, der uns im hohem Tempo dem Ziel näher brachte. Nach weiteren Anstiegen und jeder Menge Schlamm erreichten wir nach 05:49,03 Stunden das Gesamtziel in Sulden und nahmen überglücklich unsere Finisher-Medaillen entgegen. Später am Abend gab es dann die heißbegehrten Finisher-Shirts und die legendäre Finisher-Party!